Wie ich zum Walddörfer SV kam...
...was dort im Theaterunterricht passiert und wie wir die Coronazeit ohne gemeinsames Bühnentraining überstanden haben. Peter McMahon über seine Erfahrungen als Theaterpädagoge im Walddörfer SV.
Im Herbst 2012 meldeten sich drei Kinder aus Volksdorf in einem meiner Schauspielkurse der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg (JMS) an. Ich wunderte mich über den langen Weg, den sie, um in den Kurs zu kommen, in Kauf zu nehmen bereit waren. Es wurde aber schnell klar, dass es sich um eine sogenannte „Headhunting“-Aktion der Theatergruppe des Walddörfer SV handelte, die von einigen der Eltern in Eigeninitiative organisiert wurde. Sie hatten wohl von meinen Kursen an der JMS gehört. Hier unterrichte ich auch heute noch und darf mit meinen Gruppen regelmäßig bei Veranstaltungen der JMS, z.B. beim Weltkinderfest in Planten un Blomen oder in der Laeiszhalle auftreten. Bei anschließenden Gesprächen in Volksdorf stellte sich heraus, dass langfristig für Christel Busch, die seit vielen Jahren die Gruppe geleitet hatte und jedes Jahr große Erfolge mit Märchenaufführungen feierte, ein Nachfolger gesucht wurde. Wir wurden uns schnell einig, da ich merkte, wie sehr diese Veranstaltungen in Volksdorf geschätzt werden und ich sehr gerne ein solches Engagement unterstütze. Und so wurde ich Leiter der Märchentheatergruppe. Mein erstes Projekt „Der Gestiefelte Zauberlehrling“ (nach Goethe und Grimm) fand im Dezember 2013 seine Aufführung. In den Jahren danach gaben wir „Peter Pan – ein neues Musical“ mit Liedern meines Sohnes Max McMahon (2014 und 2015), „Rumpelstilzchen, was wirklich geschah“ (2017), „Hans und die Bohnenranke“ (2018) und „Die Legende von Robin Hood“ (2019), immer zum 1. Advent mit mehreren Aufführungen für Familien, Freunde und Vereinsmitglieder aus Volksdorf und Umgebung. Auch die Aufführungen für Schul- und Kitakinder am Montag waren immer sehr gut besucht.
Diese Stücke werden von mir geschrieben, doch das, was am Ende auf der Bühne zu sehen und zu hören ist, hat maßgeblich mit dem zu tun, was wir in unserem regelmäßigen Mittwochstraining zusammen entwickeln. So werden zum Beispiel Aspekte des Inhalts und des Ablaufs der Handlung erprobt sowie die Rollen und ihre Verteilung nach Eignung und Interesse festgelegt. Dieser Prozess beginnt gewöhnlich gleich zu Beginn des neuen Jahres im Januar. Und so hatte sich 2020 bereits in den Frühjahrsferien wieder eine Idee für ein neues Stück heraus kristallisiert, ausgehend von altbekannten Geschichten, aber von den Kindern fantasievoll weiter entwickelt. Der Arbeitstitel für das Jahr 2020 lautete „Schneefritzchen und die sieben Ziegen“ und die Geschichte war eine lustige Kombination aus den „Sieben Geißlein“, „Die Prinzessin auf der Erbse“ und „Schneewittchen“. Diesmal sollte es wieder ein Originalmusical werden mit Liedern, in denen zum Beispiel der Wolf einen Blues singt, die Geißlein eine Girl-Band bilden und ein rappender Zauberspiegel einen Song zum Besten gibt.
Und dann ist, wie wir wissen, alles ein bisschen anders gekommen. Nach den Märzferien waren alle bereits im Lockdown, auch die Schulen und Sportvereine. Wie viele andere in dieser Zeit, lernte ich zum ersten Mal die Vorzüge und Nachteile von Videoconferencing Software kennen und begann sofort, damit zu arbeiten. Wir hatten bereits begonnen, ein neues Theaterstück zu improvisieren und einige Szenenabläufe und Ideen für Lieder waren schon entstanden. Während dieses ersten Lockdowns traf man sich regelmäßig statt im Walddörfer Sportforum online über „Zoom“. So hatten wir erstmal keinerlei Unterrichtsausfall. Während der Maiferien wurden erste Experimente mit Online-Singen gemacht. Alle bekamen eine Hintergrundmusik nach Hause geschickt, zu der man sich verkleidet, seinen Part mit einer Kamera aufnimmt und mir zurückschickt. Zusammengeschnitten ergab sich dann das Ganze. Inzwischen kennen wir das Verfahren alle aus YouTube usw. aber für uns war das damals sehr neu.
Da man in einer Videokonferenz für eine Kamera spielt, lag es nah, den Kindern Schauspieltechniken aus Film und Fernsehen zu vermitteln, um für den Fall, dass kein Live-Theater mehr möglich sein sollte, den Kindern ein Handwerk für ihre eigenen kleinen Filme oder sogar für gemeinsame Projekte zu vermitteln.
Ende Mai durften wir uns dann wieder sehen und wir trafen uns statt in den Räumen des Walddörfer SV, die jetzt besonders knapp wurden, im Park oder auf dem Dachgarten des eingestellten Saunabetriebs. Das machte Spaß, da das Wetter auch noch so schön war. Diese Situation war auch nach den Sommerferien so. Später wurde uns das Seezimmer an der Berner Au zugeteilt.
In Folge einer längeren Krankheit, in der ich von meinem Sohn, dem Musiker Max, der uns auch bei „Peter Pan“ so toll unterstützt hatte, vertreten wurde, um so die musikalischen Aspekte des Projekts „Schneefritzchen“ anzutreiben, wurde ich „coronamäßig“ als besonders gefährdet eingeordnet und wieder in die virtuelle Onlinewelt verbannt. Inzwischen war klar, dass wir es keinesfalls schaffen würden, „Schneefritzchen“ noch für 2020 bühnenreif fertig zu stellen und wir sind auf unseren etwas einfacher zu realisierenden Plan B, „Dornröschen neu gepiekst“, umgestiegen. Dann wurde nach langem Abwägen durch den Vorstand des Walddörfer SV unser Veranstaltungstermin Ende November „corona-bedingt“ gestrichen. Einige Tage danach folgte dann auch der zweite sogenannte „Teil“-Lockdown, der Walddörfer SV musste, trotz aller bisherigen Anstrengungen, seine Türen wieder schließen und es gab 2020 leider kein Weihnachtsmärchen für die Volksdorfer Familien.
Zum großen Glück konnte wir das Training 2021 wieder aufnehmen und fortführen. so dass wir im Dezember "Dornröschen - neu gepiekst" (live auf der Bühne mit reduziertem Publikum + Livestream) und 2022 endlich "Schneefritzchen und die 7 Ziegen" aufführen konnten.
Erfreulich hat sich die Gruppe, die über die Jahre immer größer wurde, in zwei Gruppen aufgeteilt. Dies entsprang auch dem Wunsch der etwas älteren und langjährigen Mitglieder, sich mit etwas Erwachsenerem als immer „nur“ mit Grimms Märchen beschäftigen wollten. Die neue „Jugendtheatergruppe“ hat momentan ca. 10 Mitglieder und arbeitet an einer eigenen Version des bekannten Stoffs aus dem 80er-Jahre-Teenfilm „The Breakfast Club“.
Seit einem Vierteljahrhundert in der Theaterpädagogik unterwegs, liegt Peter McMahons erste Musiktheaterinszenierung bereits über dreißig Jahre zurück. Geboren in Schottland, wuchs Peter in Dublin, Irland, auf, wo er Domchorsänger an der Nationalen Kathedrale von St. Patrick war, am renommierten Trinity College Theater- und Musikwissenschaften studierte und erste Regieerfahrungen machte. Eine internationale Karriere folgte, die ihn nach Österreich, in die Schweiz, Großbritannien und die U.S.A. führte. Nach Hamburg kam er 1996, um das Ensemble von „BUDDY – das Musical“ im Hamburger Hafen anzuleiten. So wurde die Hansestadt zu seiner Wahlheimat. Seit 2004 unterrichtet Peter freiberuflich an diversen privaten Schauspiel- und Musicalschulen sowie an der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg, wo er unter anderem das Projekt „Musical Akademie für Teens“ leitet.
Als Theaterautor und Übersetzer mit dem Spezialgebiet Kindertheater für und von Kindern, ist er nicht nur für alle Texte der WSV-Theatergruppe seit 2013 zuständig, sondern auch projektgebunden für Unternehmen wie die FIFA, das irische Auswärtige Amt, das Thalia Theater Hamburg und Holiday on Ice. Seit der Corona Krise ist Peter mit seinem Unterricht Großteils Online gegangen und hat so sein Tätigkeitsfeld ausgebaut. Nun hat er Schülerinnen und Schüler unter anderem in Amerika und China, mit denen er regelmäßig per Videokonferenz Coachings veranstaltet.